Ich bin Ares.
13,5 Jahre alt.
Ein Rottweiler, dem das Leben jede Narbe, jede Falte ins Gesicht geschrieben hat. Ich habe gute Zeiten erlebt und schlechte. Ich habe treue Freunde gehabt und gesehen, wie viele meiner Brüder und Schwestern ihr Leben verloren, weil Menschen an ihnen versagt haben.
Ich bin alt, meine Knochen sind müde. Mein Atem ist schwerer geworden. Ich spüre, dass meine Zeit zu Ende geht.
Aber ich bin nicht allein.
Ich war nie allein.
Denn da war immer Sina.
Meine Sina, mein Herz, meine Gefährtin, meine bessere Hälfte. Sie ist gegangen, lange vor mir, aber sie lebt in mir weiter. Sie wacht über mich, so wie sie immer über mich gewacht hat.
Wir beide sind der Grund, warum es die „Rottweiler Freunde“ gibt.
Diese Gemeinschaft wurde gegründet, weil Menschen uns sahen, weil sie verstanden, was wir wirklich sind: Stolze, treue Seelen mit einem großen Herzen und einer unerschütterlichen Loyalität.
Aber was ist in all den Jahren passiert?
Was ist aus unserer Rasse geworden?
Ich liege hier, mit müden Augen, und blicke auf das, was aus meinem stolzen Erbe geworden ist.
Und mein Herz bricht.
Denn das, was ich sehe, macht mir Angst.
Das ewige Vorurteil: Vom stolzen Arbeitshund zum öffentlichen Feind
Ich erinnere mich noch genau an meine Welpenzeit. Wie oft hörte ich Menschen sagen: „Oh, ein Rottweiler! Die sind gefährlich.“ Schon damals wusste ich, dass ich mich mehr beweisen muss als andere Hunde. Ein Golden Retriever darf freudig an Menschen hochspringen und wird als verspielt gesehen. Ein Labrador, der an der Leine zieht, ist „nur aufgeregt“. Aber ich? Wenn ich auch nur mit meiner tiefen Stimme belle, sind die Leute sofort angespannt.
Dabei liegt es doch auf der Hand: Ich bin ein Hund. Mein Charakter wird nicht durch meine Rasse bestimmt, sondern durch meine Erziehung. Doch das scheint egal zu sein, denn sobald ihr mein schwarzes Fell und meine kräftige Statur seht, setzt euer Gehirn aus.
Aber wisst ihr, was das Schlimmste ist? Dass ich ausgerechnet für die Eigenschaften verurteilt werde, für die ihr mich einst geschätzt habt.
Wir Rottweiler wurden als Arbeitshunde gezüchtet – nicht als Modeaccessoires. Wir haben für euch Viehherden bewacht, eure Familien beschützt und eure Häuser sicher gehalten. Unsere Intelligenz, unsere Loyalität und unser Mut haben uns zu wertvollen Begleitern gemacht. Doch heute? Heute gelten genau diese Eigenschaften als Bedrohung.
Ihr wolltet einen starken, treuen Hund. Und jetzt habt ihr Angst vor dem, was ihr erschaffen habt.
Ein Jahrzehnt des Verfalls – Der tiefe Sturz unserer Rasse
Vor zehn Jahren war die Welt eine andere.
Ja, wir standen auch damals nicht überall im besten Licht – wir Rottweiler waren nie die Lieblinge der breiten Masse. Wir waren keine „Familienhunde“ im klassischen Sinne, keine Modehunde.
Aber wir wurden respektiert.
Man wusste: Ein Rottweiler ist nicht für jeden. Man wusste, dass wir Charakter haben, dass wir denken, dass wir fühlen.
Und heute?
Heute sehe ich Rottweiler, die in Massen in den Tierheimen sitzen, weil sie nie gelernt haben, sich zu benehmen.
Ich sehe Rottweiler, die voller Unsicherheit sind, weil ihre Menschen nie verstanden haben, dass ein Hund wie ich keine inkonsequente Erziehung verträgt.
Ich sehe Rottweiler, die keine Führung kennen – und sich deswegen selbst eine suchen, auf die eine oder andere Weise.
Und dann?
Dann passiert das, was immer passiert.
Ein Rottweiler beißt zu.
Ein Rottweiler attackiert einen Hund.
Ein Rottweiler verletzt einen Menschen.
Und was passiert dann?
Dann stehen wir wieder in den Schlagzeilen.
Dann kommen wieder die Mahnrufe: „Diese Rasse gehört verboten!“
Dann werden wir weiter auf Listen gesetzt, als Monster dargestellt, als tödliche Bestien.
Und keiner fragt:
„Wer hat diesen Hund in diese Situation gebracht?“
Keiner fragt:
„Warum ist es überhaupt so weit gekommen?“
Nein, es ist immer einfacher, uns die Schuld zu geben.
Uns – die nichts anderes tun, als zu reagieren, wenn unsere Menschen uns nicht führen.
Aber in Wahrheit tragen wir nie die Schuld.
Es sind die Menschen, die uns im Stich lassen.
Die falschen Hände – Warum wir immer wieder leiden müssen
Ich sage es laut und deutlich:
Nicht jeder Mensch ist für einen Rottweiler gemacht.
Und das ist gut so.
Wir sind keine „Jedermann-Hunde“.
Wir sind keine „Leichtführigen“.
Wir sind nicht „der große Labrador“.
Wir sind Rottweiler.
Wir sind Hunde mit einer Seele, die führen will, die lieben will, die beschützen will.
Wir brauchen jemanden, der uns zeigt, wo unser Platz ist.
Doch was passiert stattdessen?
Jeder Hinz und Kunz kauft sich einen Rottweiler – weil wir beeindruckend aussehen, weil wir stark sind, weil wir Macht ausstrahlen.
Aber was dann?
❌ Dann stehen wir plötzlich vor unsicheren, schwachen Menschen, die Angst haben, uns zu erziehen.
❌ Dann landen wir bei Menschen, die zu faul sind, uns klar und konsequent zu führen.
❌ Dann geraten wir in die Hände von Menschen, die uns als „Waffe“ oder „Statussymbol“ missbrauchen – und die uns zu dem machen, was die Medien aus uns machen wollen: Monster.
Doch wer sind wir wirklich?
Wir sind die, die für euch durchs Feuer gehen würden.
Wir sind die, die euer Kind mit ihrem Leben verteidigen würden.
Wir sind die, die euch bis zum letzten Atemzug lieben würden – wenn ihr uns nur die Chance dazu geben würdet.
Aber stattdessen…
Stattdessen sitzen wir in Tierheimen.
Stattdessen sitzen wir in dunklen Kellern, in engen Boxen, hinter kalten Gitterstäben.
Oder noch schlimmer:
Stattdessen liegen wir auf einem Tierarzttisch, mit einer Spritze im Bein, weil ihr Menschen an uns versagt habt.
Die Leinen der Vorurteile – Gesetze gegen unsere Existenz
Und weil ihr uns nicht versteht, versucht ihr uns mit Gesetzen zu kontrollieren. In vielen Ländern stehen wir Rottweiler auf der „Liste gefährlicher Hunde“. Das bedeutet für uns: Maulkorbpflicht, Leinenzwang, teure Sondergenehmigungen – oder in manchen Gegenden sogar ein komplettes Verbot.
Ein Rottweiler-Welpe muss durch unzählige Tests, Auflagen und Einschränkungen, nur weil er ein Rottweiler ist. Währenddessen kann jeder Mensch ohne Ausbildung einen Hund jeder anderen Rasse kaufen, ihn vernachlässigen, falsch erziehen – und wenn dann etwas passiert, wird der Hund nicht hinterfragt, sondern nur sein Besitzer. Aber bei uns ist es umgekehrt: Der Mensch kann noch so verantwortungsbewusst sein – wir bleiben immer die Schuldigen.
Ich frage mich: Sind Gesetze gegen Rassen nicht genauso dumm wie Gesetze gegen Haarfarben oder Körpergrößen? Warum bewertet ihr uns nach unserem Äußeren statt nach unserem Verhalten?
Die Wahrheit ist doch: Es gibt keine bösen Hunde. Es gibt nur unverantwortliche Menschen.
Die Instagram-Karikatur eines Hundes
Inzwischen gibt es eine neue Form der Ungerechtigkeit: die Social-Media-Karikatur des Rottweilers.
Auf der einen Seite sind wir das ultimative Statussymbol für Leute, die einen „harten Hund“ brauchen, um ihr Ego aufzupolieren. Sie lassen uns auf Fotos grimmig in die Kamera schauen, posieren mit uns in dunklen Gassen oder vor protzigen Autos – als wären wir keine Lebewesen, sondern Accessoires.
Auf der anderen Seite gibt es die verzweifelten Versuche, uns als „süße“ Hunde zu vermarkten. Man zieht uns bunte Pullover an, setzt uns Blümchen auf den Kopf und erwartet, dass wir brav mit einem lächerlichen Grinsen in die Kamera schauen. „Seht her, ein Rottweiler kann auch lieb sein!“
Muss ich wirklich beweisen, dass ich ein freundlicher Hund sein kann, indem ich mich für eure Likes zum Clown mache? Ist es so schwer zu akzeptieren, dass wir Rottweiler einfach Hunde sind – mit Charakter, Emotionen und einer Seele, die mehr ist als ein Social-Media-Trend?
Helden, die keine sein dürfen
Die Ironie dabei? Wir Rottweiler haben in der Geschichte bewiesen, dass wir zu den loyalsten und fähigsten Hunden gehören.
Wir haben als Polizei- und Rettungshunde gearbeitet. Wir haben in Kriegen gedient, Menschen aus brennenden Häusern gerettet und unzählige Leben beschützt. Wir haben uns an der Seite unserer Familien geopfert – und doch gelten wir als Gefahr.
Warum dürfen Labradore Helden sein, aber wir nicht? Warum wird ein Golden Retriever gefeiert, wenn er einen Menschen rettet, aber wir werden ignoriert, wenn wir dasselbe tun?
Ich sage es euch: Weil ihr es gar nicht sehen wollt. Ihr habt euch euer Bild von uns zurechtgelegt, und jede Geschichte, die nicht dazu passt, wird ausgeblendet.
Wir sind nicht das Problem. Ihr seid es.
Unwissenheit und falsche Erziehung – eine tickende Zeitbombe
Das größte Problem sind nicht wir Rottweiler, sondern die Menschen, die uns kaufen, ohne zu wissen, was sie tun.
Ein Rottweiler ist kein Labrador. Wir sind keine Hunde, die man einfach nur liebhaben und ein bisschen ausführen kann. Wir brauchen eine konsequente, faire und vor allem sachkundige Erziehung. Doch was passiert? Immer mehr Menschen holen sich einen Rottweiler, weil er „cool aussieht“ oder als „Beschützer“ dienen soll – ohne sich auch nur ansatzweise mit unserer Rasse auseinanderzusetzen.
Da werden Welpen sich selbst überlassen, weil der Besitzer glaubt, „der wächst schon rein“. Es wird keine Sozialisation betrieben, kein Training, keine Grenzen gesetzt – und dann wundert man sich, wenn ein unerzogener 50-Kilo-Hund plötzlich nicht mehr kontrollierbar ist.
Noch schlimmer sind die selbsternannten „Hundeexperten“, die völlig ungeeignet sind, um uns Rottweiler zu trainieren. Viele Hundeschulen haben keine Ahnung von unserer Rasse. Sie behandeln uns wie einen Golden Retriever oder – noch schlimmer – versuchen uns mit Gewalt und Unterdrückung zu „dominieren“.
Das Resultat? Ein unglücklicher Hund, der nicht versteht, was von ihm erwartet wird, der sich entweder zurückzieht oder – wenn es schlecht läuft – sich irgendwann wehrt. Dann passiert ein Vorfall, und wer ist schuld? Natürlich wir. Der böse, gefährliche Rottweiler.
Es gibt unzählige Beispiele von Rottweilern, die in die falschen Hände geraten sind, falsch trainiert oder gar nicht erzogen wurden – und dann eine echte Gefahr für ihre Familie oder die Umwelt wurden. Aber das ist nicht unsere Schuld. Das ist eure Schuld.
Wenn ihr euch einen Rottweiler holt, dann seid euch bewusst, was ihr da tut. Ihr habt eine Verantwortung. Ihr formt uns mit eurer Erziehung – oder lasst uns scheitern mit eurer Ignoranz.
Die Züchter und Vermehrer – Die Verantwortung, die vergessen wird
Aber das Problem fängt nicht erst mit der Erziehung an. Es beginnt viel früher – bei den Züchtern.
Züchter wissen, was sie tun. Sie wissen, welche Hunde sie miteinander verpaaren. Sie wissen, dass ein Rottweiler nicht einfach in die Hände eines jeden Menschen gehört. Aber was machen viele von ihnen?
Sie vernachlässigen ihre Verantwortung.
Es gibt viele, die die Augen verschließen und uns in die Hände von Menschen geben, die uns nicht verstehen. Menschen, die uns nicht die richtige Erziehung geben können, die uns nicht das nötige Vertrauen entgegenbringen können.
Und dann gibt es noch die Vermehrer. Die, die mit uns nur eines im Kopf haben: Geld.
„Ach, ich habe noch drei Welpen übrig“, heißt es dann. „Die müssen weg!“
Und was passiert dann? Wir werden in die falschen Hände gegeben.
Wir werden in die Hände von Menschen gegeben, die keine Ahnung haben, was es bedeutet, einen Rottweiler zu erziehen. Menschen, die uns als „Modehund“ haben wollen, die uns für das „Besondere“ halten, aber sich nicht die Mühe machen, uns zu verstehen, uns zu fordern.
Was passiert dann, wenn wir in diesen falschen Händen landen?
Wir landen auf der Straße.
Wir landen im Tierheim.
Oder, noch schlimmer, wir landen auf dem Operationstisch, weil wir von unseren Menschen nie richtig geführt wurden.
Und warum?
Weil Züchter und Vermehrer uns mit ihren eigenen Interessen verkauft haben und nicht mit der Verantwortung, die wir verdienen.
Das ist der wahre Skandal.
4. Mein letzter Wunsch – An alle, die sich Rottweiler-Freunde nennen
Ich bin Ares.
Ich werde bald nicht mehr hier sein.
Doch bevor ich gehe, habe ich eine letzte Bitte.
An euch – die Rottweiler-Freunde.
Lasst nicht zu, dass unser Name weiter beschmutzt wird.
❗ Zeigt der Welt, dass wir keine Monster sind – sondern Seelen mit Herz und Verstand.
❗ Seid Vorbilder für das, was ein Rottweiler wirklich ist.
❗ Erzieht eure Hunde mit Verstand, mit Konsequenz, mit Liebe.
❗ Setzt euch ein, damit unsere Rasse nicht weiter in falsche Hände gerät.
Wenn ich bald gehe, möchte ich mit dem Wissen gehen, dass es Menschen gibt, die weiterkämpfen.
Für mich.
Für Sina.
Für alle Rottweiler, die noch eine Zukunft haben sollen.
Vergesst uns nicht.
Kämpft für uns.
Für die Wahrheit.
Ares, 13,5 Jahre alt
Für Sina. Für alle, die uns noch eine Stimme geben.